Als Hiroshi Takagi nach einem schweren Verkehrsunfall aus dem Koma erwacht hat er vergessen wer er ist. Auch seine Eltern erkennt er nicht wieder. Allerdings scheint ihn etwas an der Medizin zu faszinieren. Und tatsächlich stellt sich heraus das er schon als Kind Arzt werden wollte. Vor seinem Unfall ließ er diese Pläne aber fallen und brach sein Studium ab, das er nun wieder aufnimmt. Er macht sich auch ganz gut, schreibt hervorhangende Noten, und trotz seines zurückgezogenen Wesens gewinnt er sogar eine Verehrerin unter seinen Mitschülerinnen. Doch dann gehen alle in ein 4 monatiges Anatomiepraktikum an den Seziertisch. Als Hiroshi das Tattoo auf dem Arm der jungen Frau entdeckt die seine Gruppe sezieren soll, beginnen ihnen die Erinnerungen einzuholen und er hat Visionen eben der toten jungen Frau, die da vor ihm auf dem Tisch liegt.
Wie sich heraußtellt war sie seine Freundin und saß mit ihm im Unfallwagen, nur das sie nicht das Glück hatte zu überleben. Immer mehr wird Hiroshi von seinen aufsteigenden Erinnerungen vereinnahmt und weiß bald nicht mehr was real und was Vision ist.
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Shinya Tsukamoto ist schon lang über die Grenzen Japans hinaus bekannt für seine außergewöhnlichen Filme. Ein Label in das sich auch "Vital" nahtlos einreiht. Die Botschaft die Tsukamoto dabei vermittelt ist an sich recht einfach. Trauer und Erinnerungen an schöne gemeinsame Zeiten helfen uns dabei den Tod geliebter Menschen zu verarbeiten und zu überwinden und wieder offen für neues zu sein. Erst mit dem zurückkehren immer mehr Erinnerungen, öffnet sich Hiroshi wieder und kehrt vom nicht nur gedächtnis-, sondern auch emotionslosen und stoischen Menschen wieder zurück zu etwas "Lebensfreude" und Offenheit gegenüber anderen. Sowohl was seine neue Freundin, als auch die Eltern der Toten angeht. Denen hilft er sogar auch dabei, den Tod ihrer Tochter besser zu verarbeiten, und am Ende darf selbst für den Vater des Mädchens, der vorher immer Hiroshi für deren Tod verantwortlich gemacht hat, mal die Sonne mit schönem warmen Licht scheinen, und nicht nur immer Regen und dunkle Blautöne.
Auch beginnt Hiroshi endlich wieder etwas mehr am Leben teilzunehmen. Vorher wirkt er immer sehr entrückt, was sich z.B. darin ausdrückt das zwar viele mit ihm reden, er aber nie mit denen. Nun bleiben seine Antworten auch bis zum Schluss spärlich, aber immerhin bringt er es so weit überhaupt zu antworten und sich am Ende sogar von sich aus bei seiner Freundin zu entschuldigen.
Was mir aber nicht so recht klar werden will ist die ständige Thematik des Würgens, sowohl zwischen Hiroshi und seiner verstorbenen, als auch seiner neuen Freundin. Sind es die dadurch entstehenden Mangelversorgungen des Gehirns mit Sauerstoff die für die Visionen sorgen? Aber eigentlich eher unsinnig, denn sie würgen sich ja auch in den Visionen.
Generell bedient sich der Film auch einer sehr starken Bildsprache. Da wäre z.B. auch der ständige Wechsel zwischen der Wirklichkeit, mit ihren tristen, dreckigen, düsteren Schauplätzen, wie Hiroshis Wohnung oder der Autopsiesaal (wo sich Hiroshi immer mehr in die sterblichen Überreste seiner Freundin hineinsteigert und ihren Leichnam wie besessen Seziert und erforscht, am Ende dabei sogar seine Handschuhe auszieht um sie richtig fühlen zu können), die geradezu eklig heruntergekommen und versifft aussehen, und den hellen, freundlichen Locations in den Visionen, an einem schönen Strand oder einem saftig grünen Wald bei jeweils schönstem Wetter, als Symbol für die "heilende" Wirkung der schönen Erinnerungen, die am Ende auch die dunkle Realität aufbrechen lassen und auch dort Raum für Helligkeit und Hoffnung schaffen.
Ein ziemlich starkes und beunruhigendes Bild sind auch die sich bewegenden Aufzugtüren, während die über einander geblendeten Industrieschornsteine mich irgendwie immer an diese heißen Unterwasserschlote in der Tiefsee erinnert haben, die uns angeblich einen Blick zurück zur Entstehung des ersten Lebens liefern können sollen. Ich bezweifelt aber mal das das so vom Macher beabsichtigt war.
Ansonsten benutzt Tsukamoto natürlich auch wieder das meiste von dem was man so sein Standart Repertoire nennt. Von außergewöhnlichen Einstellungen, über Verfremdungen, bis hin zu seinen sehr rhythmischen Schnitten, die er in der Schornsteinszene zu Beginn auch wieder mit einem coolen Techno-Sound unterlegt.
"Vital" ist ein recht herausfordernder, aber auch sehr schöner Film, über Tod und das "Weiterleben". Wer auf eher experimentellere Filme aus dem asiatischen Raum steht ist sicher gut damit bedient. Für alle anderen dürfte der Film aber eher wenig Zugang bieten.
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