Als er eines Morgens auf dem heruntergekommenem Fabrikgelände seiner Arbeit vor verschlossenen Toren steht und mit der restlichen Belegschaft erfahren muss, dass die Firma bankrott ist, beginnt der Arbeiter Satoru eine scheinbar ziellose Wanderung durch die Stadt, auf der er es ihn von einer ungewöhnlichen Situation in die nächste verschlägt.
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Um ehrlich zu sein erinnert mich Hiroyuki "Sabu" Tanakas Film "Blessing Bell" irgendwie von der ersten Minute an an einen Kitano Film. Sei es nun die sehr ruhige Inszenierung mit ihren künstlerischen Bildern oder der bis zum Schluss wortlose Protagonist mit seiner oft stoischen Miene (zu allem Überfluss auch noch gespielt von Kitanos Dauersidekick Terashima Susumu). Wahrscheinlich ist besonders letzterer Punkt dafür verantwortlich, aber es lässt sich denke ich nicht leugnen das auch die ziel- und wortlose Reise Igarashis, auf der er sich, scheinbar völlig ohne eigenen Antrieb, von einer Situation in die nächste treiben lässt, an Kitanos Stil Filme zu machen erinnert.
Wer jetzt aber Angst bekommt hier irgendeinen billigen Abklatsch oder so was geboten zu bekommen, der sei beruhigt. Regisseur Tanaka hat mehr als genug auf der Pfanne um aus "Blessing Bell" einen (seinen) ganz eigenen Film zu machen. Die Parallelen seien von mir nur der Vollständigkeit halber erwähnt.
Doch kommen wir lieber wieder zum Film an sich.
Wie sein Hauptdarsteller, so lässt auch der sich ziemlich ruhig und gemächlich treiben, und während er seinen Protagonisten auf seiner doch ziemlich obskuren Reise von einer außergewöhnlichen Situation und Begegnung zur nächsten geleitet, entfaltet er seine sehr ruhige, geradezu schon meditative, Wirkung. Einstellungen werden oft sehr lang hingezogen (in einer Szene warten wir z.B. darauf, das Igarashi aus einem Gebäude wieder herauskommt) und lassen uns noch während des Schauens Zeit um über das gerade gesehene nachzudenken. Dies sorgt dafür, dass wir praktisch von vornherein versuchen in den einzelnen Begegnungen die uns der Film schildert, einen bestimmten Sinn, eine metaphorische Botschaft zu suchen.
Schnell bekommt man das Gefühl hier so eine Art übernatürlichen Wanderer, oder besser gesagt Entdecker, zu beobachten. Einen Mann der sich aufgemacht hat um etwas über das Leben der Menschen zu erfahren und der auf seiner Entdeckungstour quer durch die Großstadt eigentlich von einem Drama ins nächste Gerät. Selbst erst positive Erlebnisse bekommen im Nachhinein noch einen faden Beigeschmack verpasst.
So erscheint es uns auch wenig verwunderlich, wenn Igarashi am Ende scheinbar die Flucht antritt. Weg aus der Stadt, diesem ungerechten und düsterem Leben, in dem er nichts gefunden hat, dass ihn dort halten könnte. Den gesamten Weg zurück, den er gekommen war, zurück in seine Fabrik.
Wäre es das gewesen, hätte man glatt von einem sehr klaren Film sprechen können. Doch Tanaka hört nicht an so einem einfachen Punkt auf. Er lässt Igarashi noch weiter rennen. Hindurch durch das verfallene Fabrikgelände, zurück in eine ärmliche Siedlung am Stadtrand. Zurück zu seiner Frau, seinem Haus und seinem Kind.
Hier sprudelt es nun endlich aus ihm heraus. Er, der in all der Zeit vorher kein Wort gesagt hat, überschlägt sich fast dabei seiner Frau all die kuriosen Erlebnisse seines Ausflugs zu schildern. Die glaubt ihm freilich wenig und auch wir können nicht so recht glauben, wie in Igarashis Redeschwall irgendwie der ganze bisherige, mystische Zauber des Films verpufft. Die metaphorische Reise scheint sich innerhalb weniger Minuten plötzlich in einen simplen, wenn auch haarsträubenden, Zufall zu verwandeln. (zumindest vorläufig)
Ein sicherlich unerwartetes und überraschendes Ende.
Aber trotzdem, "Blessing Bell" bleibt ein Film ohne großes Aufsehen und ohne viel Worte. Ruhig, langsam und voller schöner Bilder. Simpel aber gut.
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