In der nahen Zukunft wird die Behandlung von psychischen Erkrankungen durch ein neues Gerät revolutioniert.
Der DC-Mini, entwickelt vom genialen Wissenschaftler Kosaku Tokita, ermöglicht es dem behandelnden Therapeuten direkt in die Träume des Patienten einzusteigen und diese zu erforschen.
Doch noch bevor die Entwickler mit ihrem Gerät an die breite Öffentlichkeit gehen können, werden plötzlich drei Exemplare aus ihren Labors gestohlen, die kurze Zeit darauf verwendet werden um in die Träume der Mitarbeiter des Instituts einzubrechen und deren Psyche zu manipulieren.
Nun liegt es an der Therapeutin Atsuko Chiba, die als Traumfigur Paprika die ersten Therapien durchführt, und ihrem Patienten, dem Polizisten Toshimi Konakawa, herauszufinden wer hinter den Anschlägen auf die Träume steckt und was diese bezwecken sollen.
Doch die Zeit rennt ihnen gnadenlos davon, denn mit jedem neuen Opfer beginnen die Träume mehr mit einander zu verschmelzen und am Ende sogar in die reale Welt einzubrechen.
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Nach seinem Ausflug in die Gefilde der TV Serien ( "Paranoia Agent") kehrt Satoshi Kon mit "Paprika" nun wieder zum Spielfilm zurück.
Und wieder einmal geht es um das verschmelzen von Traum und Realität, die Thematik die sein ganzes Schaffen bisher mehr oder weniger wie ein roter Faden durchzieht.
So beginnt auch "Paprika" erst einmal relativ klar und übersichtlich.
Die Geschichte rund um die DC-Mini Maschine, die es einem ermöglicht in die Träume der Menschen einzudringen, ist zwar klar Science Fiction, doch folgt vorerst zumindest den Regeln der Filmwelt in der sie spielt.
Doch schon bald beginnen auch diese zu bröckeln und nicht nur für die Figuren im Film, sondern vor allem für den Zuschauer wird es immer unmöglicher noch wirklich zu wissen wer jetzt grad träumt und wer nicht und wessen Traum jetzt eigentlich welcher ist.
Mehr und mehr verschmilzt Film-Realität und Film-Traum zu einer Einheit und wenn man gerade glaubt mal wieder einen Haltepunkt, einen Moment der Klarheit im großen Durcheinander, gefunden zu haben, so bricht auch dieser bald wieder weg.
Doch inszeniert Satoshi Kon seine wilde Tour de force so rasant das man gar nicht groß in die Verlegenheit kommt über grad gesehenes nachzudenken. Viel zu schnell wird man von einem durchgeknallt surrealen Moment in den nächsten befördert.
Das beginnt schon mit dem grandiosen Opening, in dem Paprika eine wilden Reise durch die Stadt veranstaltet, die alleine schon mit mehr kreativen Einfällen voll gestopft ist, als so manch andere Big Budget Produktion in ihren gesamten 120 Minuten Laufzeit.
Überhaupt glänzt der Film vor geradezu verrückten Einfällen.
Allein an der immer riesiger werdenden Traumparade kann man sich kaum satt sehen. Hier hilft nur Pausenknopf drücken, will man sich wenigsten halbwegs ein Bild über sie machen.
Getoppt wird das ganze dann aber noch von der "Kulturschau", in der so manche japanische Eigenheit (Traum) durch den Kakao gezogen wird.
Da gibt es eine "Managerpyramide" bei der jeder gern an der Spitze stehen würde. Oder Schulmädchen mit Handyköpfen die frech ihre Röcke lupfen und Handysalarymens die auch gleich dankend ein Panty-Shot-Bildchen knipsen.
Generell ist der Film voll gestopft mit Symbolik und Anspielungen, von einfachen Zitaten (Son Goku) bis hin zu großen Metaphern (Schmetterling), die dafür sorgen dürften das einmal sehen noch lang nicht ausreicht um den Film in seiner Gänze zu erfassen.
Und auch seiner Liebe zum Film und zum Kino lässt Satoshi freien lauf, in vielen selbst selbstreferenziellen Anspielungen, durch Handlungsorte (achtet beim Kino am Ende mal auf die Filmplakate!) oder auch ganz offen, wenn er dem Zuschauer z. B. erklärt was ein Jump-Cut ist.
Soviel Liebe fürs Detail erfordert es natürlich auch dementsprechend in Szene gesetzt zu werden, und auch hier hält der Film was Satoshi Kons Ruf verspricht.
Das Studio Madhouse hat mal wieder ganze Arbeit geleistet und zeigt grade in Szenen wie der Traumparade zu welch akribisch detailliertem Arbeiten man mit genug Budget fähig ist.
Die Charadesigns sind wie immer satoshitypisch ausgefallen, aber doch äußerst sympatisch und auch durchweg gut gezeichnet.
Was die Animationen angeht lässt man sich bei Madhouse eh von den wenigsten etwas vormachen.
Besonders gelungen finde ich vor allem auch den Computereinsatz, den man sehr oft erst bei wirklich genauem hinschauen erkennt.
Lobend erwähnt werden muss auch auf jeden Fall wieder die tolle Musik, die wieder vom genialen Susumu Hirasawa stammt, der auch schon Paranoia Agent mit seinem außergewöhnlichen Soundtrack versorgte. (unvergessen bei mir immer noch das obergeniale Opening!)
Überhaupt ist "Paprika" wieder genau das geworden was man von Satoshi erwarten durfte, ein im wahrsten Sinne des Wortes außergewöhnlicher Anime.
Einmal mehr hat er es damit geschafft zu zeigen das Kreativität und wilde Lust am Unkonventionellem auch heute noch ihren Platz in der Animebranche behaupten können und das nicht nur als wenig beachtete Nischenprodukte. (ohne diese natürlich schmälern zu wollen)
Für jeden Fan ausgefallener Thematiken und wilder Traumreisen zu empfehlen und für Satoshi-Fanboys (wie mich) sowieso oberste Bürgerpflicht!
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