Wenn die richtigen Umstände zusammen kommen, dann kann Großes entstehen.
Für die Animebranche waren die späten 80ger Jahre so eine glückliche Zeit, mitgerissen vom allgemeinen Wirtschaftsboom schienen auch in der Trickfilmindustrie die Möglichkeiten grenzenlos und man war bereit Neues zu versuchen.
In diesem Schmelztiegel entsprang dann auch das gerade von ein paar Enthusiasten neu gegründete Produktionsstudio GAINAX, dass mit keinem geringeren Ziel an den Start ging als gleich einen absoluten Überfilm vorzulegen.
So hob man ein Budget aus der Taufe das allem bisher da gewesen spottete und den Erstgeborene "Wings of Honneamise" zum bis dahin mit Abstand teuersten Anime machte.
Leider ohne allzu großen Erfolg an den Kinokassen nach sich zu ziehen, wie man bitter erfahren musste, und so produzierte man auch einen der kommerziell größten Flops der damaligen Zeit, der zusammen mit dem kurz darauf folgenden, allgemeinen Zusammenbruch der japanischen Wirtschaft, dafür sorgte das derartige Höhenflüge für die Animebranche vorerst vorbei waren.
Rückblickend ist es schon etwas Ironie wie der Film mit seiner Geschichte von Pioniergeist und Aufbruchsstimmung und seiner finanzieller Bruchlandung die damaligen Ereignisse in der gesamten Branche widerspiegelt.
Doch heute, viele Jahre nach diesen tragischen Ereignissen, hat sich die Sicht auf "Wings of Honneamise" längst verändert.
Schon damals zwar vom breiten Publikum verschmäht, doch von den Kritikern gelobt, ist der Film längst mehr als ein Geheimtipp unter Cineasten geworden, sondern ein echter Klassiker des gesamten Genres.
Regisseur und Drehbuchschreiber Hiroyuki Yamaga erzählt die Geschichte rund um den Astronauten Shitotsugh Lhadatt, seinen sympathischen Kollegen von der "königlichen Weltraumbehörde" und seinem Interesse an dem strenggläubigen Mädchen Riquinni auf bestechend ruhige und detaillierte Art. Auf typisch übertrieben comichafte Momente wird dabei, abgesehen von einer generell etwas deplaziert wirkenden Verfolgungsjagd, fast vollständig verzichtet. Stattdessen widmet man viel Zeit der Entfaltung der Charaktere und deren ambivalenten Verhältnissen, sowie dem umfangreichen Paralleluniversum in dem die Geschichte spielt. So zeichnet sich ein komplexes Bild in das unserem Protagonisten Shitotsugh mitunter in für ihn nicht auflösbare Konflikte wirft, wenn er z. B. damit konfrontiert wird das die Armut immer mehr zunimmt und durch eine Kürzung des Budgets für das Raumfahrtprogramm um 50% schon 30.000 Menschen besser versorgt werden könnten.
Was soll man auch zu so einem Vorwurf sagen, wenn man kurz davor steht als erster Mensch in den Weltraum geschossen zu werden?
Und das ist bei weitem nicht der einzige schwelende Konflikt in dieser doch so ruhig erscheinenden Geschichte, der dem Publikum zur Auflösung überlassen wird. Hinter dem vordergründigen Abenteuer "Eroberung des Weltraums" erzählt "Wings of Honneamise" auch von Politik und Religion und wie unser Hauptdarsteller versucht zwischen diesen beiden gigantischen Gebilden seinen Platz und sich selbst zu finden. Eine Aufgabe die alles andere als einfach ist, die mit vielen Fragen und Zweifeln einhergeht und die unseren Protagonisten auch mal in dunkle Sackgassen führt.
Das er aber selbst in diesen unschönen Momenten sympathisch bleibt, zeigt wie gut seine Figur konzipiert und umgesetzt wurde.
Am Ende gelingt der große Sprung ins All und Shitotsugh erlebt seinen Moment der Erleuchtung, erst ganz physikalisch in seiner Kapsel und dann auch geistig. Eigentlich ein schönes Bild, doch leider etwas zu aufgesetzt und zu künstlich gewollt wirkend um wirklich ganz zu Überzeugen.
Eine der paar kleinen Schwächen die der Film, wie man zugeben muss, doch mit sich bringt und wie sie vielleicht der damaligen Unerfahrenheit der frisch gebackenen Studioinhaber zuzuschreiben sind. Es ist halt doch in vielen Belangen und auch für viele der Mitarbeiter ein Erstlings- bzw. ein erstes großes Werk gewesen.
Keine Blöße gibt man sich hingegen in Sachen Optik, hier sieht man deutlich wohin all das große Budget geflossen ist.
Die Zeichnungen sind teilweise sehr detailverliebt und die Designs schaffen eine in sich stimmige, wohldurchdachte Welt in die man gerne abtaucht. Und fast in jedes Bild packt man Bewegung. Vögel fliegen am Himmel, Licht scheint durch Ventilatoren, spiegelt sich Pfützen, der Wind weht, wenn Figuren sprechen bewegen sie sich trotzdem und bleiben nicht wie erstarrt stehen und nur noch die Münder gehen auf und zu, dadurch das sich ihr Kiefer bewegt verändert sich selbst der Schatten den sie werfen. Eben jede Menge Detailverliebtheit die man sich leisten können muss.
Natürlich gibt es inzwischen Animes die auch das hier gezeigte mit Leichtigkeit übertreffen, aber für die damalige Zeit war das Top Qualität.
So kann ich mich eigentlich auch nur der gängigen Einschätzung anschließen, dass "Wings of Honneamise" bis heute zu den ganz großen Animes zählt, die eigentlich jeder mindestens einmal gesehen haben sollte.
Er war einfach ein Kind seiner Zeit und selbiger vielleicht sogar einen Schritt zu weit voraus um damals die gebührende Anerkennung zu finden, doch dafür können wir heute dafür sorgen das er zumindest nicht in Vergessenheit gerät.
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