Mit einer kleinen Druckerei versuchen Sokichi und seine Frau in Tokyo über die Runden zu kommen.
Das Geschäft läuft allerdings nicht besonders gut, die Maschinen sind veraltet und dann brennt es auch noch.
Mit besonders günstigen Preisen versuchen die beiden ihre Kunden zu halten, ziehen aber damit den Zorn der Konkurrenz auf sich und verbauen sich so den Weg zu einem dringend benötigten Kredit für den Wideraufbau.
Als in dieser prekären Situation dann plötzlich eine fremde Frau auftaucht, sich als Sokichis Geliebte zu erkennen gibt und ihre drei Kinder einfach bei den Eheleuten zurücklässt eskaliert die Situation.
Sokichis dominante Frau, selbst kinderlos, sieht die kleinen als ständige Provokation und will sie so schnell wie möglich los haben. Das Haus der Geliebten finden Sokichi und die kleinen aber nur noch leer vor. Die Mutter hat sich gleich am nächsten Morgen aus dem Staub gemacht, ab in ein neues Leben, und auch weitere Nachforschungen bleiben erfolglos.
So müssen die Kinder vorerst bei Sokichi bleiben und bekommen dort den geballten Zorn der gehörnten Ehefrau zu spüren.
Für die steht fest: Die Kinder müssen Weg, egal wie.
|
Nach einer Kriminalgeschichte des berühmten japanischen Schriftstellers Matsumoto Seicho drehte Nomura Yoshitaro diese Familientragödie und schuf damit einen seiner erfolgreichsten und mit reichlich Preisen ausgezeichneten Filme.
"Dämon" steht dabei in einer langen Reihe von Seicho Verfilmungen, die Yoshitaro seit 1958 regelmäßig drehte und mit denen er genauso regelmäßig Erfolge einfahren konnte, bis er schließlich zu einem der wichtigsten Regisseure der 70er Jahre in Japan aufstieg.
Doch kommen wir zum Film.
Die Geschichte ist oberflächlich betrachtet eigentlich recht simpel, die Geliebte kommt auf einen Überraschungsbesuch, rüttelt das Eheleben auf und lässt gleich noch die außerehelichen Kinder da, die anschließend auf Druck der Ehefrau eins nach dem anderen "entsorgt" werden.
Was der Film nun aus diesem Grundstoff macht ist eine ziemlich düstere, stellenweise schwer zu fassende Charakterstudie.
Den stärksten Teil bekommt dabei klar der Vater zugewiesen. Von vornherein als ziemlich schwächlich und nicht sehr helle dargestellt entwickelt er sich unter dem Druck seiner stets dominanten Frau langsam vom eher teilnahmslosen Komplizen zum aktiven Täter, der zwar sichtlich von Gewissensbissen geplagt wird, am Ende aber doch (wie immer) das tut was von ihm verlangt wird. Umso schmerzhafter die Szene wenn er im letzten Drittel des Films von seiner eigenen, nicht besonders schönen Kindheit erzählt und damit zeigt wie verbunden er sich eigentlich mit seinen Kindern fühlt/fühlen sollte.
Etwas distanzierter bleibt da die Darstellung seiner Ehefrau. Selbst kinderlos ist die Affäre ihres Mannes ein doppelter Schlag für sie, nicht nur der er sie mit einer anderen betrogen hat, nein er hat auch noch drei Kinder mit ihr, wo sie keines hat. Jedes einzelne von ihnen eine wandelnde Demütigung für sie, die sie nicht überwinden kann, was sie entsprechend auch an den Kindern und ihrem Mann auslässt. Trotzdem ist auch sie nicht das Abziehbild eines eiskalten Monsters. Immer wieder sehen wir auch sie in kurzen, eingeschobenen Sequenzen (meist wenn ihr Mann gerade unterwegs ist) in Tränen und Verzweiflung. Ob nun aus Schuld gegenüber den Kindern oder eher über ihre eigene Lage, dass zu interpretieren bleibt dem Zuschauer überlassen.
Der einzige Angestellte der kleinen Druckerei hält sich derweil so ziemlich aus allem raus. Zwar bekommt er durchaus mit was in der Familie vor sich geht und das Verschwinden der Kinder kann ihm auch nicht verborgen bleiben, aber er mischt sich nicht ein und als es ihm doch zu unheimlich zu werden scheint kündigt er lieber und kehrt in seine Heimat zurück.
Bleiben also nur noch die Kinder selbst, die die Situation, so klein wie sie sind, vor allem überfordert und die versuchen halt beieinander zu finden und ihr Bild einer Familie aufrecht zu erhalten.
So wirklich versteht eigentlich nur der Älteste was da vor sich geht, aber auch er ist (verständlicher) Weise nicht in der Lage sich dagegen zu wehren. Einmal, als er schon allein übrig ist, unternimmt er einen Ausbruchsversuch und versucht in ihr altes, glückliches Leben zurückzukehren. Aber das ist längst von einer neuen, glücklichen Familie besetzt und so landet er schließlich wieder in seiner Hölle und versucht sich damit zu arrangieren.
So gelingt es Yoshitaro über die gesamte Laufzeit die Spannung hochzuhalten und den Zuschauer an einer empfindlichen Stelle (Mitgefühl mit Kindern hat wohl fast jeder) zu packen. Gebannt aber hilflos verfolgt man wie die Situation weiter eskaliert, ist erschrocken vom Wandel des Vaters. Wie er erst nur weg guckt, dann selbst sein Kind aussetzt und schließlich sogar bereit ist mit eigenen Händen zu töten. Eine unfassbare Entwicklung. Und dabei ist er kein gefühlloses Monster, sondern eine zerrissene und bemitleidenswerte Figur.
Durch und durch Grausam sind hingegen die Andeutungen mit denen Yoshitaro den Zuschauer malträtiert. Immer wieder sind es kleine, mal mehr mal weniger subtile Szenen die einen kurz erschauen lassen, ob nun Etiketten aus Kleidungsstücken entfernt werden, intensiv und sichtlich aufgewühlt auf eine Plane gestarrt wird oder Spielzeug in den Müll wandert. Oftmals greifen diese scheinbaren Nebensächlichkeiten die Nerven des Zuschauers mehr an als die eigentlichen Taten des Vaters bzw. dessen ständiges hadern damit.
So ist der "Dämon", oder sagen wir besser das Monster das in diesem einfachen Mann schlummert bedrohlicher als es jedes schaurige Gruselmonster sonst sein könnte, dann das hier ist keine Fantasiefigur die über die Menschheit herfällt, sondern es ist die Monstrosität die irgendwo tief versteckt vielleicht in jedem von uns schlummert und die sich hier Bahn bricht und uns einen schauriges aber auch faszinierendes Filmerlebnis beschert, dass den Zuschauer mit seinen unangenehmen Fragen nicht so schnell wieder los lässt.
|