Als aufsteigender junger Maler in der Lehre beim großen Meister Hokusai, hat der junge Sutehachi es nicht immer leicht.
Hokusai ist nicht gerade der einfachste Charakter und auch finanziell ist das Eis oft dünn. Gut nur das Hokuseis Tochter O-Ei durchaus ein Auge auf Sutehachi geworfen hat und ihm gern einmal hinter dem Rücken ihres Vaters unter die Arme greift.
Dieser ist allerdings ein rechter Schlendrian und zeichnet, sehr zum Missfallen seines Meisters, nicht nur eifrig pornografische Bilder, sondern bändelt auch gern mit Frauen an und angelt sich schließlich die hübsche Gemüsehändlerin O-Shichi, die er sich auch gleich noch als Muse für seine erotische Kunst zurecht erziehen will. Eine wilde Beziehung die letztendlich in einem Drama enden soll.
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Mit "Furious Love" beschert uns Carlsen ein weiteres Werk aus seiner 70er Jahre Gekiga Reihe (auch wenn die offiziell bisher nicht so benannt wurde) und diese mal dürfen wir Kazuo Kamimura, den wir bisher nur als Zeichner kennen gelernt haben ( Lady Snowblood oder Shinanogawa), auch das erste Mal als alleinstehenden Autoren erleben.
So erzählt er uns also die Geschichte eines jungen Malers zum Ende des 19ten Jahrhunderts und dessen näheren Umfeldes, wobei er rein fiktionale Biografie mit tatsächlichen Ereignissen und kulturellen Anspielungen vermischt.
Das Ganze folgt dabei allerdings keinem allzu eng gestecktem Rahmen, sondern legt den Fokus mal eher auf die, mal eher auf jene Person, und lässt gern auch kurze Geschichten zu irgendwelchen Nebencharakteren einfließen.
Das verleiht dem Manga eine gewisse Episodenhaftigkeit und kommt hin und wieder sogar etwas chaotisch rüber, so als ob der Autor sich keinen wirklichen Plan um die Entwicklung seiner Geschichte gemacht, sondern sich einfach hätte treiben lassen. Frei nach dem Motto, ach heut hab ich mal Lust eine Geschichte über Neid und Verstopfung zu erzählen, na dann mach ich das doch einfach. Wird sich schon irgendwie in die Geschichte einfügen lassen.
Das sorgt einerseits zwar immer wieder für Abwechslung und teils erheiternde Zwischenspiele, nimmt der eigentlichen Geschichte aber auch ein bisschen die Konsistenz.
So unkonventionell wie im Aufbau, geht Kamimura dann auch beim erzählen zu Gange.
Einerseits ehrlich und bodenständig oftmals aber auch ziemlich zotig und schon fast geschmacklos. Ausgedehnte Gespräche über ihre Geschlechtsteile oder was man alles so mit seinen Fäkalien anstellen kann sind zwischen Schüler und Meister fast schon an der Tagesordnung, und auch an Hintern und Sack wird sich gern gekratzt und nach Möglichkeit im Anschluss noch mal schnell an selbiger Hand gerochen. So verfallen und verrottet wie die Lebensumstände in den armen Edoer Stadtvierteln, so verroht zeichnet Kamimura auch die Persönlichkeiten und Sitten derer Bewohner. Da muss der zivilisierte Leser schon hin und wieder mal Schlucken.
Was nun generell die Zeichnungen angeht, so bleibt sich Kamimura freilich treu und wer schon mit den bisherigen Carlsen-Veröffentlichungen vertraut ist fühlt sich sofort wieder heimisch.
Mit dem heutzutage weit verbreiteten Stil moderner Mangas und ihren typischen Schemata hingegen hat das Ganze, besonders was die Darstellung von Personen angeht, noch recht wenig gemein. Der Stil ist vergleichsweise realistisch und ohne die typischen "Dreiecksgesichter" die heute das Bild von Manga prägen.
Gemein mit diesen ist allerdings bereits der dynamische Stil, der sich zwar noch nicht im Layout (hier sind immer noch fein säuberlich angeordnete Viereck-Panels) aber schon in der filmischen Erzählweise ausdrückt. Dazu kommt ein gewisser experimenteller Anspruch, den Kamimura (und die Gekiga Bewegung im Allgemeinen) hier auslebt und der in einigen sehr interessanten, skurrilen Bildfolgen gipfelt. (das Ende der Verstopfung!)
Als besonderes Schmankerl und optisches Aufgreifen der erzählten Geschichte lässt Kimamura dann auch immer wieder einmal den alten Zeichenstil des traditionellen japanischen Holzschnittes mit einfließen, bzw. präsentiert uns sogar Ausschnitte aus reellen und berühmten Werken dieses Genres (passend zur Geschichte natürlich vor allem der erotischen Art) und auch einige Gedichte zieren immer mal wieder die Seiten.
Aber nicht nur alte, auch neue Kultur wird immer wieder zitiert, so das besonders der japanaffine Leser ein fröhliches "Wer findet alle Anspielungen" spielen darf. (selbst Osamu Dazai ist dabei)
So bietet also auch "Furious Love" eigentlich all das was ich auch davon erwartet hatte und es zu lesen war ein entsprechend unterhaltender Zeitvertreib. Trotzdem kommt es für mich nicht ganz an meine großen Klassiker wie Lone Wolf and Cup oder Lady Snowblood heran. Dazu fehlt der Geschichte einfach irgendwie der letzte Pepp. Hier wären etwas weniger Freigeist und etwas mehr Strenge in Ausarbeitung und Planung dann wohl doch gut gewesen.
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