Mit seiner Geschichte "Kokoro" rund um das dunkle Geheimnis eines Mannes, das ihn für den Rest seines Lebens verfolgt, schrieb Autor Natsume Soseki eines der bekanntesten und meist verkauften Bücher Japans.
In mehreren Abschnitten erzählt er uns erst von der Freundschaft und Vertrautheit zwischen einem jungen und einem älteren Mann, die scheinbar etwas zu verbinden scheint oder die einfach einen guten Draht zu einander haben, um nach diesem eher freundlichen Anfang langsam in die Tiefen des Titelgebenden Herzens (Kokoro - Herz) abzusteigen und von einem jungen Mann zu berichten der verraten und betrogen wurde und der schließlich, aus Furcht erneut etwas zu verlieren, selbst zum Verräter und Betrüger wird.
Mit feinem Gespür für die seelischen Entwicklungen seiner Figuren entfaltet Soseki dabei den Konflikt zwischen der Liebe zu einer jungen Frau und der zum besten Freund, der plötzlich (auch auf Grund eigener Feigheit bzw. Zögerlichkeit) zum Rivalen zu werden droht.
Genaueres über die Personen erfahren wir dabei nicht, noch nicht einmal ihre Namen. Sie sind auch unwichtig, denn was hier erzählt wird, das ist nicht die Geschichte von ein paar ganz bestimmten Menschen, es ist eine Geschichte über das dunkle in unser aller Herzen.
Einer der Stärken der Geschichte liegt für mich dabei vor allem in der Betonung des Innenlebens der Figuren. Statt einer möglichst objektiven Erzählung der Handlung von einem Beobachterposten aus, erfahren wir alles unmittelbar aus den Gedanken der handelnden Personen. Die Empfindungen und Vorstellungen der Figuren haben den Vorrang und sind für uns in gewisser Weise ein Spiegel in dem wir unser eigenes Seelenleben wiedererkennen können. Sicher nicht als 1zu1 Kopie, aber all die komplizierten Beziehungen und Emotionen, die meisten von uns haben zumindest einen Teil davon schon so ähnlich erlebt.
Wie meist wenn man etwas in die tiefe geht statt nur an der Oberfläche zu kratzen, gibt es entsprechend auch keine einfachen Schuldzuweisungen mehr. Wer ist der Böse, wer ist der Gute?
Wer ist schuld am Selbstmord? Fragen auf die es erfreulicher Weise hier keine einfachen Antworten gibt.
Soseki hat in diese Geschichte seine Einsichten zu verschiedensten Beziehungen der Menschen unter einander gepackt, und das alles ohne große Effekte, sondern in typisch japanisch, ruhigen Tönen. Ein tolles Buch!
Und wer wirklich nicht gerne liest, der hat zumindest die Chance sich die Geschichte auch als Anime anzusehen: Aoi Bungaku Series
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